(Prime Quants) – Nein, das war ganz und gar keine gute Woche. Das gilt für vieles und viele, darunter auch Carsten Spohr, Vorstandsvorsitzender der Lufthansa AG. Der dachte zu Wochenbeginn noch, sein größtes Problem bestünde darin, die arbeitsverweigernden Piloten der Vereinigung Cockpit wieder an den Verhandlungstisch und anschließend von dort zurück auf seinen bereits eingeschlagenen und vehement verteidigten Sparkurs zu zwingen. Nach einem guten Dutzend Streikwellen binnen Jahresfrist machte Spohr in einem Brief an die Lufthansa-Kunden deutlich, dass unter seiner Führung keine Kompromisse gemacht werden, die „unsere Zukunftsfähigkeit gefährden.“ Doch genau die ist nun in Gefahr. Am Dienstag zerbarst seine strenge, unnachgiebige Haltung an einem Felsmassiv in den französischen Alpen. Der Absturz des Airbus 320 der Lufthansa-Tochter Germanwings riss nicht nur 150 Menschen auf tragische Weise in den Tod. Er markiert auch den ersten Totalverlust im Passagierverkehr der Airline, die gerade ihr 60-jähriges Bestehen feiern wollte. Danach ist nun jedoch niemandem mehr zumute, und auch der Aktienkurs fiel: Minus 6,3 Prozent lautet die Negativ-Bilanz der Kranich-Papiere für diese Handelswoche. Und deren Besitzer haben noch einen weiteren Grund weniger zur Freude:

Quotentief

29,5 Milliarden Euro schütten die deutschen Blue Chips in diesem Jahr an Dividenden aus, 10 Prozent mehr als im Vorjahr und so viel wie nie zuvor. Das war übrigens die gute Nachricht in den vergangenen Tagen. Denn die Ausschüttungsquote sank – von 45,5 auf 43,8 Prozent und damit deutlich unter die von Anlegerschützern geforderten 50 Prozent. Der DSW (Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz) hält ein Fifty-fifty beispielsweise für absolut angemessen, schließlich „tragen die Aktionäre auch das Kapitalrisiko“. Und die Gewinne der DAX-Konzerne stiegen übrigens im gleichen Zeitraum, um 14 Prozent auf 67,3 Milliarden Euro. Dass diese Einnahmen nicht vollumfänglich an die Anteilseigner weitergegeben werden, scheint ein Indiz dafür zu sein, dass eine ausreichende Liquidität bei den Unternehmen aktuell hoch im Kurs steht. Aber immerhin gab es überhaupt etwas, außer bekanntlich für die Aktionäre der Lufthansa. Und die der Commerzbank. Aber die Bankenbranche hatte sowieso eine schwarze Woche, und das europaweit:

Das Ende…

Die Aufseher der US-amerikanischen Notenbank Fed und der Einlagensicherungsbehörde FDIC bescheinigten den britischen Geldinstituten HSBC und RBS sowie der französischen BNP verheerende Notfallpläne. „In jeder Hinsicht unglaubwürdig“ konstatierte die FDIC. Eigentlich sollen diese sogenannten „Testamente“ verhindern, dass Banken in einer erneuten Krise noch einmal nur mithilfe von Steuergeldern gerettet werden können. Eigentlich. Die Pläne der betroffenen Geldhäuser erwiesen sich jedenfalls als vollkommen ungenügend, aber es kam noch dicker: Den Banken geht das Geld aus. Genauer gesagt die Einnahmen aus dem Investmentbanking, vor der Lehman-Pleite DIE Gewinnsparte schlechthin. Doch die einstige Geldkuh der Institute gibt nichts mehr her. Eine Konsequenz daraus ist das Ende der Idee von der Universalbank. Zu teuer, zu ineffizient. Dieses Licht ist nun auch der Deutschen Bank aufgegangen, die derzeit eine radikale Neuordnung ihres bisherigen Geschäftsmodells „eine für alle(s)“ überdenkt. Jobabbau inklusive, und auch der könnte radikal ausfallen. Die RBS, weiter oben im Text schon einmal unangenehm aufgefallen, erwägt laut „Financial Times“ beispielsweise die Streichung von 14.000 der 18.000 Stellen im Bereich Investmentbanking. Zudem werden die Banken gerade von ihrer eigenen Vergangenheit eingeholt:

…eines Traums

Erinnern Sie sich noch an die Skandalbank Hypo Alpe Adria aus Kärnten? Das war einmal Österreichs sechstgrößte Bank und als solche im Jahr 2007 begehrtes Kaufobjekt der Bayerischen Landesbank. Damit holten sich die Bajuwaren-Banker allerdings ein ausgesprochen faules Ei ins Nest, 2009 musste das Kärntner Geldhaus aus einer Vielzahl von Gründen, allen voran einer drohenden Insolvenz, verstaatlicht werden. Von den Österreichern natürlich, nicht von den bayerischen Nachbarn. Die ganze unselige Geschichte hier aufzurollen, würde den Rahmen dieses Editorials bei weitem sprengen, nur so viel: Die (staatseigene) Bad Bank namens Heta Asset Resolution AG, in der die Hypo Alpe Adria seinerzeit aufgegangen ist, macht gerade wieder neuen Ärger. Die Wiener Bundesregierung verabschiedete im Januar ein neues Bankensanierungs- und Abwicklungsgesetz und bald darauf prompt einen Schuldenschnitt für das Fass ohne Boden, nachdem Ende Februar eine Finanzlücke von etwa 7,6 Milliarden Euro, genaue Zahlen liegen noch nicht vor, ähm, „entdeckt“ wurde. Damit sind die österreichischen Steuerzahler von der Haftung befreit und das Land Kärnten vor der Pleite bewahrt. Für viele europäische und vor allem deutsche Geldinstitute bedeutet das allerdings „Alarmstufe rot“, denn die hängen noch immer mit vielen Milliarden in dem Schlamassel. Die Düsseldorfer Hypothekenbank konnte gar („too big to fail“ und „systemrelevant“, wie sie anscheinend für den deutschen Pfandbriefmarkt nun einmal ist) nur durch ein beherztes Eingreifen des Einlagensicherungsfonds des Deutschen Bankenverbands vor der drohenden Insolvenz gerettet werden. Bankenrettung? Bankenrettung! Da musste sich gestern sogar die EZB einschalten, die alle Kreditinstitute in der Eurozone aufforderte, ihre Österreich-Engagements offenzulegen. Ein Staat mitten im Herzen Europas, der seine Schulden nicht mehr bedienen will – ein Warnzeichen für die gesamte Gemeinschaft! Und die Märkte?

Sinkflug

Man traut sich kaum, dieses Wort in den Mund zu nehmen, aber genau das fand in dieser Woche an den Börsen statt – ein kontrollierter Sinkflug. Der Höhenflug der letzten zwei Monate setzte sich nicht fort, der DAX gab auf Wochensicht -1,4 Prozent ab und fiel im Tief bis auf 11.620 Punkte zurück. Der Abstand zum Allzeithoch vom 16. März bei 12.219 Zählern beträgt bereits 2,8 Prozent. Dabei hat die EZB doch mittlerweile über 32,6 Milliarden frisch gedruckter Euro in die Märkte gepumpt. Aber die Euphorie darüber ist erst einmal vorüber. Die Realität hat die Märkte eingeholt, die logische Konsequenz davon sind Gewinnmitnahmen. Die fielen aktuell (noch) moderat aus, weshalb der befürchtete Crash auch (bislang) ausblieb. Damit kommt zu den beiden altbekannten möglichen Szenarien – massiv hoch oder runter – nun ein weiteres hinzu: denkbar ist nach dieser Woche auch, dass die Luft jetzt tatsächlich langsam aus der Rallye-Blase entweicht und die Kurse in den kommenden Wochen auf das ideale Korrekturziel im Bereich um 10.500 Punkte absinken. Entschleunigung statt Übertreibung – das ist doch gar keine so schlechte Nachricht!

Erfolgreiche Trades wünscht

Ihr
Sebastian Jonkisch

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