(Prime Quants) – Das ausgesprochen Schöne an den Klassikern der deutschen Literatur ist ja, dass man sie zu allem und jedem zitieren kann, und das auch noch sowohl originalgetreu, als auch mehr oder minder leicht abgewandelt. Zu diesem Zweck habe ich mir heute den guten alten Geheimrat Goethe zum Vorbild genommen und interpretiere dessen Worte recht frei folgendermaßen: „Wozu in die Ferne reisen, sieh, das Gute liegt so nah.“ Direkt vor meiner Haustür nämlich, denn diese befindet sich in Rosenheim und damit im höchst malerischen bayerischen Voralpenland, alljährlich Ziel abertausender Erholungssuchender, die – sobald sie den Stau auf der A8 zwischen München und Salzburg überstanden haben – in die „boarische Gmiatlichkeit“ eintauchen und so auf wundersame Weise von aller Alltagshast und -unruh entschleunigen. Wobei…jetzt wo ich darüber nachdenke, fällt mir auf: Wahrscheinlich gehört der besagte Stau bereits zum Entschleunigungsprogramm dazu, quasi als vorbereitende Maßnahme für die anschließende Erholung…wie schön, dass manche Dinge bei genauerer Betrachtung ihren Schrecken verlieren! Noch schöner, dass all das, worüber wir bis dahin gesprochen haben, irgendwie auch für die Märkte in dieser Handelswoche gilt – die Suche nach Erholung, der Stau, die Entschleunigung, und selbst der Schrecken hat sich mittlerweile relativiert. Oder?

Hasenfüße

Bei den Schlagwörtern Angst & Schrecken kommt beim Thema Börse ja sofort das (Achtung!) Angst-Barometer VDAX-NEW (WKN A0DMX9) ins Spiel. „New“ übrigens deshalb, weil dieser Index 2005 als modifizierte Variante für den „alten“ VDAX auf den Markt kam. Der nämlich wurde auf Grundlage fiktiver Optionspreise berechnet, der Stand des VDAX-NEW hingegen wird auf Grundlage von tatsächlich an der EUREX gehandelten DAX-Optionen ermittelt. Übernommen wurde diese Berechnungsmethode vom US-amerikanischen Volatility Index VIX (ISIN US12498A1016), dessen Kursstand auf den an der Chicagoer CBOE gehandelten Optionen auf den S&P 500 basiert. Gemessen wird dabei jeweils die von den Markteilnehmern erwartete Schwankungsspanne der Preise in den kommenden 30 Tagen, und heraus kommt so ein Kursverlauf, der die aktuelle Stimmung unter den Marktteilnehmern widerspiegelt. Dabei weisen die Volatilitätsindizes immer eine negative Korrelation zu ihren Basis-Barometern auf: Steigen S&P 500 und DAX, fallen VIX sowie VDAX-NEW, und umgekehrt. Beim jüngsten Vorstoß des DAX über die 10.000er-Marke Anfang Juli stand der VDAX-NEW mit 12.07 Punkten deshalb auch auf dem niedrigsten Stand seit Dezember 2006. Und ebenso konsequent ist der Index während der laufenden Korrektur im DAX um knapp 10 Punkte auf 21,71 gestiegen, immerhin den höchsten Stand seit dem Jahreshoch bei 24,93 vom 17. März 2014. März? Da war doch was? Richtig, die damals gerade entflammte Krim-Krise drückte auf die Stimmung der Anleger und den DAX dementsprechend in den Keller. So viel zur Historie, stellt sich jetzt nur noch die Frage – wo stehen wir denn nun?

Chart - VDAXNew

Goldene Mitte

Bei 17,20. Und das ist, ganz klar – in der Mitte! Denn diese etwa plusminus 10 Punkte breite Spanne da rund um die 20er-Marke ist so etwas wie die Wohlfühlzone des Index, hier notierte er seit seiner Einführung am häufigsten. Das bedeutet: die Phasen, in denen die Markteilnehmer KEINE größeren Kursschwankungen im DAX erwarten, überwiegen deutlich. Und gelten auch für die aktuelle Marksituation. Niemand rechnet also TATSÄCHLICH mit einem signifikanten Rückgang der Notierungen in den kommenden 30 Tagen! Das heißt natürlich nicht, dass die Korrektur bereits beendet ist und die Märkte jetzt schon ihre Erholungsrallye starten. Es könnte durchaus noch ein, zwei Etagen tiefer bis in den Bereich um 8.500 Punkte gehen, den Punkt, an dem die fulminante Rekordjagd im vergangenen Oktober ihren Anfang nahm. Muss aber nicht. Viel wahrscheinlicher ist, dass die Märkte jetzt seitwärts pendeln. Womit wir zu guter Letzt doch noch bei der aktuellen Handelswoche angekommen wären. Und in der war nun wirklich so gut wie gar nichts los, weshalb wir uns thematisch heute kaum damit befassen. Der DAX kam ja auch kaum vom Fleck: Nicht einmal 200 Punkte betrug die Range bis zum Donnerstag, in der sich das deutsche Leitbarometer bewegte. Nach den vorangegangenen Abschlägen wirkt das wenigstens schon einmal beruhigend, von einer wirklichen Erholung kann jedoch noch nicht gesprochen werden. Dafür müssten die Kurse zumindest die 9.600er-Barriere zurückerobern. Ob das gelingt, werden wir wohl in den kommenden Sitzungen sehen. Bis dahin geht es im Schritttempo, aber auch das kann ja, wie wir nun wissen, bereits in gewisser Weise erholsam sein!

Erfolgreiche Trades wünscht

Ihr
Sebastian Jonkisch

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