(Prime Quants) – Es war nur ein kleiner Schritt für einen EZB-Präsidenten, aber ein großer Sprung für den deutschen Leitindex: Als Mario Draghi gestern Mittag vor die Presse trat und die Senkung des Leitzinses (wie allgemein erwartet) von ohnehin mageren 0,25 auf kaum noch messbare 0,15 Prozent verkündete, stieg der DAX endlich…ENDLICH! zum ersten Mal in seiner mittlerweile fast 26-jährigen – wenn man es großzügiger betrachtet, gar 55 Jahre währenden – Geschichte über die lange Zeit unvorstellbare 10.000-Punkte-Marke. Bravo! Bravissimo! Diecimila grazie Mario! Gut, der Sprung war strenggenommen eher ein Hüpfer, und bei 10.013,69 Zählern legte der Index auch schon wieder den Rückwärtsgang ein, aber wen schert’s. Der 05. Juni 2014 wird auf ewig in die (deutsche) Börsengeschichte eingehen. Und dass gestern (noch) nicht mehr für den DAX zu holen war, liegt auf der Hand: Die Leitzinssenkung der EZB hat schlichtweg nur kosmetischen Charakter. Faktisch bleibt es bei einem Beinahe-Nullzins, der als probates Gegenmittel für die gefürchtete Deflation gilt, dieser Abwärtsspirale aus fallenden Preisen, niedrigeren Löhnen, sinkender Nachfrage und abnehmenden Investitionen. Gleichzeitig soll mithilfe des niedrigsten Leitzinses aller Zeiten die Kreditvergabe der Banken an deren Kunden angekurbelt werden. Und damit wiederum diese künftig auch stattfindet, haben sich Draghi & Co eine echte Neuerung einfallen lassen, mit der sie vermutlich in die (europäische) Wirtschaftsgeschichte eingehen werden. Denn:

Strafzins für die Großen!

Die Euro-Banker haben einen Minuszins erfunden, mit dem all jene Geldinstitute bestraft werden sollen, die ihr (dank dem bereits erwähnten Leitzins) von der EZB geliehenes Billig-Geld nur einmal um die eigene Achse drehen und direkt wieder über Nacht bei der Europäischen Zentralbank parkieren, anstelle es unter das kredithungrige Volk zu werfen. Glaubt man den Kritikern dieser Maßnahme, wird die Wirkung dieses Strafzinses zwar zu vernachlässigen sein, da die Banken nur selten und schon gar nicht freiwillig ihre Gelder bei der EZB deponieren und darüber hinaus die aus dem Minuszins resultierenden Kosten auch vermutlich sofort an ihre Kunden weitergeben werden. Dennoch, ein eindeutiges Signal an die Finanzhäuser Europas ist diese Strafmaßnahme allemal, und auch als Mittel zum Euro-Regulierungszweck lässt sie sich prima verwenden: Den Währungshütern missfällt der starke Euro, da durch diesen die (exportorientierten) Unternehmen vor der unangenehmen Wahl stehen, entweder niedrigere Umsätze oder aber geringere Gewinne in Kauf zu nehmen, eine klassische Pest-oder-Cholera-Situation. Gleichzeitig und logischerweise sinken mit einer starken Währung die Importpreise, was wiederum das Preisniveau gefährdet. Preisniveau in Gefahr, und diese dadurch in Verzug? Nichts da, nicht mit den hohen Herren von der EZB! Die handeln jetzt folgerichtig nach dem Motto „Gefahr erkannt, gebannt, verschwand“ und wollen damit zusätzlich verhindern, dass die Euro-Zone – vor allem von ausländischen Investoren – als allzu „sicherer Hafen“ angesehen wird. Schön, aber was bedeutet das nun für die Märkte, und vor allem für inländische Investoren?

Anlegezwang für die Kleinen?

Heute schon Aktien gekauft? Nein? Na dann…wird es aber höchste Zeit, denn mit dem neuen Niedrigst-Zins rechnet sich das gute alte Sparen noch weniger als bislang. Sparen ist ja auch schlecht, wenn man es denn aus Sicht der Deflationsbekämpfer betrachtet: Das Geld soll doch schließlich ausgegeben werden! Investitionen heißt das Zauberwort, und das gilt nicht nur für die Unternehmen, sondern natürlich auch für die privaten Haushalte. Den Aktienmärkten wird daher auch fürderhin eine tragende Rolle in punkto Geldanlage zukommen, und das wird sich unter dem Strich als eine Säule des derzeitigen Aufwärtstrends erweisen. Perspektivisch weiterhin bullish, aktuell aber eher abwartend oder sogar tendenziell negativ, so lässt sich die Stimmung unter den Anlegern derzeit wohl am besten beschreiben. Dafür spricht auch, dass die Kurse weiterhin auf der Stelle treten und es zunächst weder vor- noch rückwärts geht. Dabei sind die Kursmarken klar definiert: nach unten bilden die Tops aus den vergangenen sechs Monaten im Bereich um 9.700 Zähler eine massive Bremszone, und nach oben…ist zumindest theoretisch alles möglich. Aber nicht wahrscheinlich, denn für einen nachhaltigen und deutlichen Sprung über die 10.000er-Hürde braucht es etwas mehr als nur einen Super-Mario!

Erfolgreiche Trades wünscht

Ihr
Sebastian Jonkisch

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