(Prime Quants) –
Nach einem fulminanten Auftakt mit einem neuen Allzeithoch im DAX (9.253,68 Punkte), ging es für den Leitindex im Wochenverlauf nur noch schleppend voran. Wir haben die Verschnaufpause an den Märkten daher für ein Interview mit Rudolf Wittmer genutzt.

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Prime Quants: Herr Wittmer, wie kommt man als gelernter Maschinenbauingenieur zur Börse?

Rudolf Wittmer: Ende der 80er Jahre gab es in Deutschland Pläne eine Terminbörse zu etablieren, die im Januar 1990 zur Eröffnung der DTB (Deutsche Terminbörse) führte. Damit war es nun auch in Deutschland möglich, standardisierte Terminmarktprodukte auf deutsche Aktien, sowie Aktien- und Anleiheindizes zu handeln. Ein damaliger Bekannter und Börsennarr hatte mich für die Thematik begeistert und nach einer kurzen Recherche entdeckte ich, dass die Optionspreisformel von Black & Scholes aus dem Ingenieurwesen abgekupfert war.

Prime Quants: Das ist ja interessant. Können Sie das näher beschreiben?

Rudolf Wittmer: Gerne. Die Wärmeleitgleichung aus dem Bereich der Thermodynamik hat den gleichen Aufbau wie die Formel von Black & Scholes. Und mit der Wärmeleitgleichung und den Ansätzen zu deren Lösung hatte ich mich während meines Studiums intensiv befasst. Daher dachte ich, dass mir mein Wissen für den Handel mit Optionen sehr von Vorteil sein konnte – und wenn man dabei noch gutes Geld verdienen konnte, umso besser! So bin ich – obwohl ich mich zuvor eigentlich noch nicht einmal viel mit dem Aktienhandel befasst hatte – direkt in den Optionshandel eingestiegen.

Prime Quants: Das Black-Scholes-Modell steht immer wieder in der Kritik und basiert teils auf vereinfachten Annahmen, wodurch Extremereignisse nur geringfügig berücksichtigt werden. Waren solche Probleme ausschlaggebend dafür, dass Sie sich intensiv mit Backtests und der Entwicklung mechanischer Handelssysteme beschäftigt haben?

Rudolf Wittmer: Zu Beginn der 90er Jahre war die Volatilität am deutschen Aktienmarkt aufgrund der Wiedervereinigung relativ hoch. Da ich damals nur als Käufer von Optionen agierte, gab es jede Menge an „Windfall-Profits“, d.h., Extremereignisse waren für mich eher vorteilhaft. Die Idee mit der Entwicklung von technischen Handelssystemen ist wiederum meinem Ingenieurstudium geschuldet. In meiner Diplomarbeit behandelte ich die Thematik nichtlinearer Schwingungstechnik. Die Filtertechniken die ich dabei einsetzte, konnte ich nun sehr gut auf die Aktienmärkte anwenden. Letztendlich geht es in beiden Fällen darum, Rauschsignale zu eliminieren und über die Zeit stabile Schwingungen bzw. Signale herauszufiltern.

Prime Quants: In den 90er Jahren gab es einen regelrechten Boom von computerbasierten Handelssystemen. Wann wurden die „Profis“ auf Sie aufmerksam?

Rudolf Wittmer: Auf der Suche nach Gleichgesinnten zum Zwecke des Meinungs- und Erfahrungsaustausches bin ich 1993 in den VTAD e.V. (Verein Technischer Analysten Deutschlands) eingetreten. Der Verein war erst 1992 gegründet worden und ist von Beginn an Mitglied des Weltverbandes der Technischen Analysten – IFTA (International Federation of Technical Analysts). Innerhalb eines Jahres waren wir soweit, aus den damals 200 Mitgliedern des VTAD eine Arbeitsgruppe Handelssysteme zu gründen. Parallel dazu fing ich an, meine Ergebnisse im Bereich des Systemhandels in den gängigen Traderzeitschriften (Optionsschein Magazin, Eberts Terminmarkt Magazin, Traders) zu veröffentlichen. Das hat natürlich wesentlich dazu beigetragen, dass ich Ende der 90er Jahre als einer der wenigen Experten für Handelssysteme im deutschsprachigen Raum galt.

Prime Quants: Welche Märkte eignen sich Ihrer Meinung nach besonders gut für das Systemtrading?

Rudolf Wittmer: Das beste trendfolgende Verhalten haben nach meiner Erfahrung die Devisen- und Rohstoffmärkte. Bei den Aktienmärkten treten zu oft V-förmige Umkehrformationen auf, die jede trendfolgende Strategie ausstoppt, bevor Gewinne realisiert werden können. Zurzeit mag es zwar anders aussehen, aber als Trader betrachte und teste ich Handelsansätze eher unter dem Gesichtspunkt einer längerfristigen Profitabilität. Die Anleihemärkte liegen irgendwo dazwischen. Daher habe ich mich persönlich dafür entschieden, mein Trading auf Devisen und Rohstoffe zu konzentrieren.

Prime Quants: Im Zuge der Euro-Krise flüchteten viele Anleger in Gold. Sehen Sie das Edelmetall auch als sicheren Hafen?

Rudolf Wittmer: In 2013 haben wir sehr viel Geld mit Gold verdient – allerdings auf der SHORT-Seite. Ich unterscheide hier sehr klar zwischen Trading und langfristiger Vermögens-Anlage. Wenn es um Positionen im Trading geht, dann zählen für mich nur die Signale meiner Tradingmodelle. In der Vermögensanlage halte ich durchaus auch physische Edelmetalle. Dies hat aber mehr damit zu tun, dass ich den staatlichen Geldsystemen zutiefst misstraue und für den Fall der Fälle (Stichwort: Enteignung, finanzielle Repression, Währungsreform etc.) einen kleinen Sicherheitspuffer haben möchte.

Prime Quants: In der Systementwicklung steht und fällt die Kapitalkurve mit dem Risiko- und Money-Management. Manch ein Programmierer vertritt sogar die Meinung, dass die Entry-Signale nicht so wichtig sind. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Rudolf Wittmer: Für erfolgreiches Trading ist sowohl der Markteinstieg als auch das Risiko- und Money-Management wichtig. Vernachlässigt man eines der drei Module, dann ist der Misserfolg vorprogrammiert. Die Wichtigkeit der Einstiegssignale ergibt sich aus der Tatsache, dass man mit einem systematischen Ansatz Zeitreihen auf wiederkehrende Muster untersucht. Man möchte schließlich in vergleichbaren Situationen auch die gleiche Handlungsweise gewährleisten. Bei einem zufällig generierten Einstieg wäre dies genau nicht der Fall. Mit den Modulen Risiko- und Money-Management stehen dem Trader die einzigen Parameter zur Verfügung, die er selbst beeinflussen kann um das gewünschte Risikoprofil zu erzeugen.

Prime Quants: Wie müssen wir uns den Alltag eines Systemtraders vorstellen? Nehmen Ihnen die Algorithmen die gesamte Arbeit ab?

Rudolf Wittmer: Leider nein! Auch beim Systemtrading ist noch jede Menge Arbeit quasi manuell zu verrichten. Dies liegt schlicht und ergreifend an der Tatsache, dass in aller Regel mehrere Programme zum Einsatz kommen, die nicht unbedingt kompatibel zueinander sind. Bei meinem Tradingansatz muss ich z.B. Sentimentdaten, die per Email zugesendet werden oder auch die COT-Daten für die Futuresmärkte in Einklang mit den Marktdaten aus meiner Tradingsoftware bringen. Anschließend werden noch eine Reihe Statistiken und Auswertungen per EXCEL durchgeführt. Damit sind die ersten zwei bis drei Stunden des Tages auch schon vorbei. Die Umsetzung der Handelssignale erfordert dann nochmals vollste Konzentration, denn jeder Fehler kann hier sehr teuer werden. Anschließend müssen die Handelsdaten wieder in EXCEL eingepflegt werden und anhand eines Soll-Ist-Vergleichs abgeglichen werden. Sicherlich könnte speziell in meinem Fall noch deutlich mehr automatisiert werden. Das entbindet den Trader jedoch nicht von der Kontrollpflicht, die bei einem hohen Grad an Automation entsprechend stark ansteigt.

Prime Quants: Im Vorfeld dieses Interviews haben Sie uns bereits einen Einblick in Ihr System „Alpha Star“ gewährt. Zudem startet in Kürze Ihr kostenloser Trading-Newsletter „Rudolf Wittmer´s Major Markets“. Was erwartet Ihre Leser?

Rudolf Wittmer: Die Leser erhalten mit meinem Newsletter Einblick in die Arbeitsweise eines Hedge-Fonds-Managers. Es ist sozusagen mein Tradingtagebuch. Damit werden die Leser in die Lage versetzt, ihren eigenen Hedge-Fonds zu handeln. Der Fokus liegt dabei auf den Devisen- und Rohstoffmärkten. Ich werde die Signale für insgesamt 20 Märkte mit Angabe der Exposure bezogen auf das vorhandene Tradingkapital angeben. Dabei spielt es keine Rolle, mit wie viel Tradingkapital die Signale umgesetzt werden. Denn meine Methode ist skalierbar, d.h., es spielt keine Rolle ob ein Trader 2.000€, 10.000€ oder 1 Mio€ auf seinem Konto hat. Jeder Leser wird damit in die Lage versetzt, Märkte wie Gold, Silber, Rohöl oder auch den EURO nach den gleichen Regeln zu handeln, die auch bei Hedge-Fonds zur Anwendung kommen.

Prime Quants: Der Begriff „Hedge-Fonds“ ist für viele Marktteilnehmer mit negativen Impressionen behaftet. Der ehemalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering prägte einst die Heuschreckendebatte und bezeichnete diese Art Investoren als Plage. Woher wissen Sie so genau wie ein Hedge-Fonds funktioniert? Für viele Anleger ist das doch nicht mehr als eine Blackbox.

Rudolf Wittmer: Leider gibt es in diesem Bereich einen nahezu unüberschaubaren Begriffswirrwarr. Für mich ist ein Hedge-Fonds ein Investment-Vehikel, das keinerlei Restriktionen in Bezug auf die handelbaren Instrumente und die Portfolio-Zusammensetzung unterliegt. Damit ist es möglich, unabhängig von der Marktphase Gewinne zu erzielen. Im Vergleich dazu ist dies z.B. für einen Aktienfonds nicht möglich, da gemäß Anlagevorschriften die meisten dieser Fonds jederzeit zu mindestens 50% in Aktien investiert sein müssen.
Zum Stichwort „Blackbox“: Aus meiner Tätigkeit als Hedge-Fonds-Manager und als Hedge-Fonds-Berater weiß ich nur zu gut, dass hinter vielen Hedge-Fonds wenig brauchbare und profitable Strategien stecken. Daher umgeben sich solche Fonds gern mit einer geheimnisvollen Aura. Ich kann nur davor warnen, in ein Produkt zu investieren, dessen Handelsansatz nicht nachvollziehbar ist. Es gibt genug Fonds, die bereit sind ihre Handelsstrategie offenzulegen und am Ende dann auch gute Ergebnisse abliefern. Die entsprechenden Grundkenntnisse vorausgesetzt, kann man auch seinen eigenen Hedge-Fonds basteln. Hier will ich mit meinem Newsletter die entsprechende Unterstützung leisten, indem ich die Signale einer erprobten Strategie zum Nachhandeln anbiete.

Prime Quants: Herr Wittmer, wir danken Ihnen für das Gespräch.

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