(Prime Quants) – US-Notenbankchef Ben Bernanke springt den Bullen erneut zur Seite. „Eine sehr expansive Geldpolitik für absehbare Zeit ist das, was die US-Wirtschaft braucht“ sagte der oberste US-amerikanische Währungshüter auf einer Veranstaltung in Cambridge am Mittwochabend. Den Anlegern scheinen die typischen Notenbankfloskeln einmal mehr zu schmecken: Für den DAX ging es heute vom Fleck weg nach oben. Der Optimismus hüllt jedoch nicht jeden in Watte. „Am großen Bild hat sich nichts geändert“, wurde Analyst Lutz Karpowitz von der Nachrichtenagentur dpa zitiert. Laut dem Commerzbank-Experten müsste die US-Wirtschaft wieder massiv an Schwung verlieren, damit die Anleihekäufe nicht gedrosselt werden. Kurzum, es bleibt bei dem Paradoxon: Schwache Konjunkturdaten beflügeln die Märkte, während gute Daten Angst vor einem Ende der lockeren Geldpolitik schüren.

Die Notenbanker haben das Problem selbstverständlich längst erkannt. Sie wissen, dass die Marktteilnehmer an ihren Lippen hängen. Dies und jenseits des Atlantiks wurden sie daher nicht müde ihr Kredo des langfristig niedrigen Zinsniveaus herunterzubeten. Doch auch hier gibt es kritische Stimmen, wie beispielsweise vom Bundesbank-Präsidenten Jens Weidmann. Dieser warnte am Donnerstag vor einem zu späten Ausstieg aus der Politik des billigen Geldes. „Niedrigzinsen seien nicht ohne Nebenwirkungen“ war von Weidmann auf dem Verbandstag des Genossenschaftsverbands Bayern in München zu hören. Sie sehen: In der Volkswirtschaftslehre prallen derzeit zwei Welten aufeinander. Liquiditätsjünger und -kritiker machen es dabei dem Anleger nicht leicht sich eine Meinung zu bilden. Alle fahren auf Sicht und hoffen den Gordischen Knoten der Liquiditätsflut mit einer starken Konjunktur im Rücken durchschlagen zu können. Ob diese jedoch bereits jetzt stark genug dafür wäre darf bezweifelt werden.

Für uns Analysten ist das jedenfalls kein leichtes Umfeld. Sicherlich, für große Short-Spekulationen ist es schlichtweg noch zu früh, auch wenn sich in China durchaus dunkle Wolken am Horizont zusammenbrauen. Hier gilt schlicht und einfach „the trend is your friend“ – und dieser zeigt nach wie vor nach oben. Allerdings sind die weiter anziehenden Renditen auf US-amerikanische Staatspapiere zweifelslos kritisch zu betrachten. Wirklich aus dem Ruder läuft am Anleihemarkt aber noch nichts, zumal das überraschende Niedrigzinsversprechen von EZB-Chef Mario Draghi am europäischen Markt für Entspannung gesorgt hat. Es bleibt also zu hoffen, dass sich die Marktteilnehmer an die Gemengelage gewöhnen und irgendwann auch ohne die Krücke der Notenbanken Vertrauen in starke Märkte finden. Bis dahin bleibt das Hoffen, Bangen und Spekulieren über die weitere Vorgehensweise der Währungshüter der Market Mover Nr. 1.

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