(Prime Quants) – Die Märkte sind schwer angeschlagen, also lassen wir es doch gleich zu Beginn erst einmal ein wenig menscheln. Womit ich meine, dass ich mich Ihnen noch etwas näher bringe, schließlich verbringen Sie ja jedes Wochenende mit mir, da haben Sie quasi ein Anrecht auf derlei gewissermaßen persönliche Informationen. Gut, dass ich ein Berliner und zudem Volkswirt bin, ist bereits hinlänglich bekannt, aber wussten Sie schon, dass ich ein ganz und gar ausgeglichener, in mir ruhender Mensch bin? Ein Fels in der Brandung? Ein Schirm im Regen? Angeblich, zumindest wenn man den Worten eines Zeitgenossen Glauben schenkt, lassen sich neben mir selbst Bomben zünden, ohne dass ich mich davon irritiert zeigen würde. Und ohne diese Behauptung jetzt unbedingt in einem Feldversuch verifizieren zu müssen – ja, so ganz Unrecht hat derjenige wohl nicht. Und deshalb bin ich wohl auch geradezu prädestiniert, heute ein Plädoyer für die Sachlichkeit zu halten. Denn diese vermisse ich gerade schmerzlich, und zwar an den Börsen. Da geht es derzeit nämlich (d)runter und drüber, und ich habe so das Gefühl, dass hier (m)eine ruhige Hand gebraucht wird, unter all den zittrigen dort auf dem Parkett. Und weil der DAX mittlerweile deutlich unter die 9.000er-Marke und zwischenzeitlich sogar auf ein neues Jahrestief rutschte, fangen wir zur allgemeinen Beruhigung doch direkt mit der guten Nachricht an:

Crash!

Nein! Was da gerade im DAX und Konsorten stattfindet, ist KEIN Crash! Es handelt sich hier NICHT um Lehman Zwo! Was wir an den Märkten aktuell beobachten, ist (nur) eine Korrektur! Und die kommt noch nicht einmal unerwartet. Oder ungelegen. Ganz im Gegenteil – hier wird lediglich eine vorangegangene Übertreibung nach unten korrigiert. Kurz noch einmal zur Erinnerung: Das 52-Wochentief im DAX liegt bei 8.094 Zählern und datiert vom 28. August vergangenen Jahres, das entsprechende Hoch, erzielt am 20. Juni und gleichzeitig auch amtierendes Alltime-High, bei 10.051 Punkten. Das sind 1.957 Punkte, gut 24 Prozent, in nicht einmal 10 Monaten! Zum Vergleich: Der Dow Jones legte im selben Zeitraum „nur! 16,5 Prozent zu. Und das nicht etwa, weil die deutschen Blue Chips ihre Gewinne und damit ihren jeweiligen fundamentalen Wert entsprechend gesteigert hätten. Nein, hier wurden ganz einfach die Märkte von der Realwirtschaft abgekoppelt. So etwas passiert schon mal, Sie kennen alle das Zitat Kostolanys vom Herrn und seinem Hund. Und diesmal hat sich der Hund von der Leine gerissen und ist seinem Herrchen ein gutes Stück davon gelaufen. Doch jetzt hat der Herr gepfiffen, und siehe da – der Hund kehrt zurück. Wer sich jetzt vielleicht fragt, wie zum Teufel die Töle überhaupt von der Leine kam, diese Antwort ist einfach:

Cash!

Wer an der Börse investiert oder spekuliert, will gewinnen. Und zwar Geld. Viel Geld. Cash ist cool. Und dank der Notenbanken bekanntlich auch im Überfluss vorhanden. Uncool ist hingegen, welches zu verlieren, weshalb sich viele, vorwiegend ausländische Investoren im vergangenen Jahr aus den bis dato ziemlich lukrativen Emerging Markets zurückzogen. Auf der Suche nach einem neuen „Spielplatz“ wurden diese Anleger jedoch ziemlich zügig fündig: Die guten alten Werte aus den USA und Europa, allen voran Deutschland, solide, sicher, solvent, da kauft man doch gerne, denn da kauft man gut! Und so konnte die nächste Börsen-Party steigen, von einem Allzeithoch zum nächsten, bis…irgendwann die Karawane weiter zieht. Genau das ist aktuell nämlich zu beobachten – von den deutschen (und europäischen) Märkten fließen derzeit verstärkt Gelder ab. Dafür spricht auch die momentane Schwäche des Euro gegenüber dem US-Dollar. Und die relative Stärke des Dow Jones im Vergleich zum deutschen Pendant: Mit nur einem Prozent Minus nach der ersten Augustwoche steht der amerikanische Leitindex deutlich besser da als der deutsche, der bereits -4 Prozent hinten liegt. Warum? Auch hier fällt die Antwort leicht: Wer Geld hat, bringt es jetzt in Sicherheit und damit zum Beispiel außerhalb der Reichweite russischer Import-Embargos. Kriege und Krisen verkaufen ausgesprochen schlecht, deshalb: nichts wie weg! Dagegen verblasst im Augenblick sogar die drohende

Zinserhöhung!

Dabei muss sich vor der nun wirklich niemand so richtig fürchten! Sicher, die Zeiten der quasi unbegrenzten Liquidität wäre damit vorbei, und die Kurse würden dies mit entsprechenden Abschlägen quittieren, aber: dann würde diese Blase endlich platzen, die sich durch die Geldschwemme der Notenbanken bilden konnte. Der Vorteil liegt auf der Hand – die Kurse würden „bereinigt“ und wieder den tatsächlichen Wert der Unternehmen widerspiegeln. Angebot und Nachfrage am Markt hätten wieder eine fundierte, fundamentale Basis. Reales Wachstum! Deshalb: Lasst die Kurse doch ruhig einmal abstürzen! Was passiert denn, nach einem größeren Drawdown? Na klar – es geht aufwärts! Vielleicht nicht mehr ganz so schnell und nicht ganz so steil, aber dafür mit mehr Substanz. Und apropos Substanz: Höhere Zinsen bedeuten auch mehr Kapital, zum Beispiel für alle Sparer. Und wer mehr hat, gibt auch mehr aus, das dürfte die (Real!)Wirtschaft zusätzlich ankurbeln. In einem Satz zusammengefasst, und ganz sachlich argumentiert: Die Verlierer von heute sind die Gewinner von morgen!

Erfolgreiche Trades wünscht

Ihr
Sebastian Jonkisch

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