(Prime Quants) – ja, das war durchaus ein ordentlicher Wumms, der in den vergangenen Sitzungen das Parkett erschüttert hat. Innerhalb weniger Tage ist der DAX mehr als fünf Prozent vom letzten Allzeithoch zurückgekommen, allein heute vor einer Woche waren es ungebremst und aus dem Stand gut drei Prozent. Ungebremst ist tatsächlich die exakt zutreffende Beschreibung für diesen Kursrutsch, und der wirkte in der Intraday-Beobachtung streckenweise beinahe schon bedrohlich. Ohne jede Gegenreaktion schlugen die Kurse bei 9.400 Punkten auf, und mit drei weiteren schweren Verlusttagen in dieser Handelswoche ging es sogar noch weiter abwärts: 9.166 Zähler markieren am heutigen Freitag das bisherige Jahrestief 2014. Passend dazu erreichte dafür der berühmt-berüchtigte „Angst-Idikator“, der von der Börse Frankfurt herausgegebene V-DAX NEW, mit 22,35 Punkten gerade ein neues Jahreshoch. Seit dem 09. Oktober 2013 – der DAX stand damals übrigens gerade mal bei 8.517 Zählern – notierte der Volatilitätsindex, in dem die wahrscheinliche Schwankungsbreite des DAX für die kommenden 30 Tage gemessen wird, nicht mehr über der Marke von 20 Punkten, das heißt: nach fast fünf Monaten, in denen alles Mögliche erwartet wurde, nur keine größeren Kursausschläge, ist die Angst aufs Parkett zurückkehrt. Wie bitte? Die Angst? Welche Angst? Und wovor?
Indizien, keine Beweise
Wie so oft während der vergangenen Wochen und Monate gab es auch diesmal wieder keinen echten Grund für die heftigen Kursbewegungen. Deshalb gleich in den Panik-Modus zu verfallen, ist demnach völlig unbegründet. Sicher, die zunehmenden Kapitalabflüsse in den Schwellenländern mögen in eben diesen für eine gewisse Marktbereinigung sorgen, aber mal ehrlich –wir haben schon vor Wochen an dieser Stelle über diese Entwicklung berichtet, wirklich neu ist das also nicht und als Argument für die aktuelle Korrektur bei DAX & Co schlicht und ergreifend an den Haaren herbei gezogen. Auch Ben Bernankes letzter Auftritt als Fed-Chef am Mittwoch gibt nicht genug Stoff für die Kursabstürze – zwar verkündete der scheidende Notenbankchef die Drosselung der monatlichen Anleihekäufe um weitere 10 Millionen auf nunmehr 65 Millionen US-Dollar, aber auch das kam schließlich nicht unerwartet. Wie man es also dreht und wendet, Beweise für den Rücksetzer lassen sich nicht finden. Wohl aber genügend Indizien, vor allem im Sentiment-Bereich:
Kurstreiben für Fortgeschrittene
Die Konsolidierungsphase, von der wir in der vergangenen Ausgabe sprachen, hat in den Märkten für immensen Überdruck gesorgt. Die Ausschläge nach oben wurden dabei stets an der 9.800er-Marke ausgebremst, kein Wunder, denn dort verläuft ja die obere Begrenzung des mittelfristigen Aufwärtstrendkanals, ein nicht unerheblicher charttechnischer Widerstand. Nachdem der Ausbruch über diesen auch beim wiederholten Versuch nicht gelang, blieben neue Kaufsignale und damit der finale Durchmarsch auf die 10.000er-Marke aus. Also schalteten die Anleger augenscheinlich kurzerhand in den Short-Modus und legten den Rückwärtsgang ein. Mit dieser Taktik lassen sich gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen – wer sich kurzfristig mit Puts eindeckt, kann einen schnellen Euro machen, wer langfristig auf eine Fortsetzung des (immer noch gültigen) Aufwärtstrends spekuliert, steigt, sobald sich die Wogen wieder geglättet haben, mit neuen Calls in den Markt ein. Dieses gruppendynamische Verhalten, in Fachkreisen gerne auch Herdentrieb genannt, ist schnell erklärt: Zum einen sehen alle denselben Chart, und zum anderen verfolgen wiederum alle auch dasselbe Ziel: Geld verdienen. Und sind die Kurse dafür nicht willig, so braucht es eben manchmal etwas Gewalt, um die nötige Beweglichkeit auf den Anzeigetafeln der Handelssäle zu erzeugen. Das Gute daran: Diese Kursausschläge sind quasi „hausgemacht“ und so mit echten Crashs nicht zu verwechseln, geschweige denn zu vergleichen. Und noch besser: Man muss sie auch nicht fürchten, denn Angst ist immer ein schlechter Ratgeber!
Erfolgreiche Trades wünscht
Ihr
Sebastian Jonkisch
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Dipl.-Volkswirt, Full-Stack Engineer, Hobbytischler