(Prime Quants) –
Ein Editorial mit einem politischen Einstieg hat immer etwas Gewichtiges, weshalb ich diesen stilistischen Kniff heute anwende, um der eher faden Handelswoche wenigstens einen Hauch von Glanz zu verleihen. Knapp zwei Monate sind seit der Bundestagswahl mittlerweile ins deutsche Land gegangen, und noch immer ist faktisch keine Regierungsbildung erfolgt. Seit Wochen mühen sich die Lager der schwarzen und roten Fraktionen um einen Koalitionskonsens, und ähnlich unklar verhält es sich auch mit dem Geschehen an den Märkten. Der DAX markierte am Donnerstag zwar ein neues Allzeithoch auf Schlusskursbasis – 9.150 Zähler stehen jetzt für den allerhöchsten Index-Endstand aller Zeiten. Viel mehr ist in den vergangenen Sitzungen jedoch nicht passiert, unter dem Strich traten die Notierungen auf der Stelle und ein bisschen fühlt man sich bei dem Hin und Her zwischen Bullen und Bären an die demnächst Herrschenden in Berlin erinnert. Fragen Sie mich jetzt aber bitte nicht, ob Siegmar Gabriel dort den Bullen oder den Bären gibt, diese Antwort überlasse ich Ihrer Phantasie! Fest steht jedenfalls:

Lange Weile

Seit dem 29. Oktober und somit dreizehn Handelstagen in Folge steht beim DAX die 9 vor dem Punkt per Schlusskurs auf der Anzeigetafel. Die Skeptiker, die im Sprung über die 9.000er-Marke nur ein Strohfeuer sahen, lagen damit ebenso falsch wie die CDU-Wähler im Glauben an ausbleibende Steuererhöhungen. Die Marke hält, und ein signifikanter Rücksetzer – aus charttechnischer Sicht liegt das erste Korrekturziel dafür oberhalb der Septemberhochs bei etwa 8.800 Punkten – lässt weiter auf sich warten. Weiter warten müssen damit auch die Marktteilnehmer. Die hätten sich ein klares Signal zum Ein-, Aus- oder Umstieg nämlich inständig und dringend gewünscht. Solange ein solches jedoch ausbleibt, wächst die Unsicherheit auf dem Parkett. Für Gewinnmitnahmen zu früh, für den Nachkauf zu spät, vor diesem Dilemma stehen die Anleger im Augenblick. Die logische Konsequenz – die Spanne, in der sich die Kurse aktuell bewegen, ist relativ eng: Vom EZB-Spike am vergangenen Donnerstag einmal abgesehen, umfasste die Schwankungsbreite zuletzt nur rund 160 Zähler. Wirkliche Gewinne lassen sich damit natürlich nicht einfahren, womit der Druck auf den Markt von Tag zu Tag zunimmt. Konkret:

Ja, nein, vielleicht

Alle warten auf den Rücksetzer, um auf niedrigerem Niveau erneut einzusteigen. Doch solange der nicht kommt, überwiegt die Befürchtung, den Kursen beim nächsten Rallyeschub hinterher jagen zu müssen. Pest oder Cholera oder doch beides, die Optionen sind derzeit wenig attraktiv. Doch bekanntlich baut sich in diesen Phasen das größte Bewegungspotenzial auf, weshalb es mit der Langeweile am Markt bald vorbei sein dürfte. Dass die Long-Seite dabei favorisiert wird, zeigt der gestrige Handelstag – mit Rückenwind aus den USA nahmen die Notierungen erneut mühelos Fahrt in Richtung 9.200 auf – natürlich wieder einmal, ohne dass die tieferen Einstiegsmarken der meisten Marktteilnehmer ausgelöst worden wären. Und auch heute drücken die Notierungen zunächst nach oben – für die, die noch an der Seitenlinie auf ihren Einsatz warten, wird die Zeit jetzt allmählich knapp.

Augen zu und durch

In der Zusammenfassung ergibt sich folgendes Bild – eine Korrektur ist überfällig, bleibt aber aus. Die Rallye läuft weiter, jedoch zunehmend heiß. Diese Blaupause für den DAX lässt sich im Großen und Ganzen auf die gesamte Marktsituation – na gut, von K+S einmal abgesehen – ausweiten. Damit herrschen momentan starke Gegenpole, die einer echten Kursentwicklung im Weg stehen. Das Geschiebe dürfte in der kommenden Woche marktbestimmend bleiben, wobei – schließlich haben wir Jahresend-Rallye – natürlich auch noch das ein oder andere Allzeithoch ansteht. Die hohe Kunst wird daher sein, den richtigen Zeitpunkt für den richtigen Trade zu bestimmen, keine leichte Aufgabe, aber – die haben andere, schönen Gruß in meine Heimatstadt Berlin, derzeit bekanntlich auch nicht!

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