(Prime Quants) –
Lange habe ich vor dem Spiegel für diesen Satz geübt: Der DAX hat die magische 9.000er-Marke überschritten! Bedeutungsschwere Pause. Jubel und Korkenknallen auf dem Parkett. Schließlich hat das deutsche Börsenbarometer damit in seiner 25-jährigen Geschichte tatsächlich noch nie Dagewesenes erreicht und wir alle sind Zeitzeugen dieser, nun ja, Sensation. Nur zur Erinnerung – zum Jahreswechsel 2012/2013, der DAX hatte sich gerade mit 7612 Punkten in die Silvesternacht verabschiedet – taxierten die 32 von der Tageszeitung „Die Welt“ befragten Experten den Index auf einen Jahresendstand von 8.022 Punkten als Mittelwert. Die Bandbreite der abgegebenen Tipps lag dabei zwischen 7.200 auf der Unter- und 8.700 Zahlern auf der Oberseite. Richtig, noch ist das Jahresende zwei Monate entfernt, den Einwand lasse ich an dieser Stelle selbstverständlich gelten. Dennoch – keiner der befragten Analysten hatte die 9 vor dem Punkt auf seinem Zettel. Nicht ein einziger. Das bedeutet:

Die Hausse aus dem Nichts

Noch vor Jahresfrist rechnete niemand mit einer derart rasanten Kursentwicklung. Mitte August 2012 kletterte der DAX zurück über die 7.000er-Marke, doch schon neun Monate später, im März 2013, überwand er erstmals seit 2007 wieder die 8.000er-Hürde. Für die nächsten 1.000 Punkte benötigte der Index nur noch gute sieben Monate, und setzt sich dieses Tempo unvermindert fort, sehen wir im kommenden Frühjahr erstmals in der Historie die 10.000 auf den Kurstafeln aufleuchten. Klingt verrückt und ist es auch. Denn, und auch dieser Einwand ist statthaft – nach wie vor fehlen die fundamentalen Grundlagen einer solchen Rallye-Dynamik. Das Prinzip der „unsichtbaren Hand“, wonach Angebot und Nachfrage die Märkte regulieren, hat seine Wirkung verloren. Die Regel lautet doch gemeinhin: Brummt die Wirtschaft, ziehen die Kurse an, steigern die Unternehmen ihre Gewinne und damit ihren Börsenwert. Positive Konjunkturdaten und ebensolche Unternehmensergebnisse sind normalerweise der Nährboden für steigende Kurse. Diese Mechanismen sind jedoch derzeit außer Kraft gesetzt. Sie wissen – die großen Volkswirtschaften dieser Erde sind angeschlagen. Konjunktur-Rückgänge und/oder Schuldenberge lassen China taumeln, Europa stolpern, und die USA schlittern bereits seit Jahren von einer (Haushalts-)Krise in die nächste. Die Market Mover sind die Notenbanken, die mit ihren gigantischen Geldspritzen die Börsen zu immer neuen Höchstständen treiben. Geld-Doping fürs Parkett, Risiken und Nebenwirkungen unbekannt! Aber:

Wachstum ist gut, sagte der Ballon und platzte

Das Potenzial nach oben ist trotz allem immer noch nicht ausgereizt. Nach wie vor misstraut die Mehrheit der privaten Anleger dem Rallye-Modus, wie der Blick auf das unverändert negative Euwax-Sentiment der Stuttgarter Börse zeigt. Die Mehrzahl der (privaten) Markteilnehmer rechnet demnach mit fallenden Kursen und ist dementsprechend (noch) nicht long positioniert. Und auch der Bull/Bear-Index der Profis, den die Frankfurter Börse berechnet, notiert „nur“ bei 51,1%, wobei der Anteil der Bullen derzeit 39% beträgt und einer Bärenfraktion von 37% gegenübersteht, die restlichen 24% votieren neutral. Selbst die Umsätze halten bislang, was die Notenbanken mit ihrer Geldflut versprechen – gut möglich also, dass die eigentliche Hausse noch gar nicht begonnen hat! Dafür spricht auch, dass der DAX aktuell auf sehr hohem Niveau konsolidiert und dadurch Kraft für den nächsten Aufwärtsschub sammelt. Je höher die Kurse dabei jedoch ins Niemandsland klettern, desto größer und wahrscheinlicher der allfällige Rücksetzer.

Es bleibt, wie es ist

Nachrichten aus Übersee gab es in dieser Handelswoche auch, und die fielen aus wie erwartet. „Alles wie gehabt“ lautete am Mittwoch das Credo der Fed nach dem zweitägigen Sitzungsmarathon. Konjunktur zu schwach, Arbeitslosenzahlen zu hoch, das Tapering deshalb zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Fortsetzung der ultralockeren Geldpolitik bleibt somit weiterhin der Motor der laufenden Jahresendrallye.

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