(Prime Quants) –
Geht es Ihnen auch so? Man möchte laut „Bravo!“ rufen und begeistert von seinem Logenplatz aufspringen angesichts der schauspielerischen Glanzleistung, die von den Laiendarstellern in Senat und Kongress in den vergangenen Tagen geboten wurde. „Ja!“, „Nein!“, „Vielleicht?“, sobald in dieser Handelswoche eine neue Meldung über den Stand der Verhandlungen zwischen Regierung und Republikanern über die Ticker lief, schlugen die Kurse rund um den Globus heftig in die jeweilige Richtung aus – Schluss mit der vornehmen Zurückhaltung der ersten beiden Wochen seit dem Shutdown, endlich ging es wieder rund auf dem Parkett! Selbst graue Eminenzen wie Warren Buffett hielt es dieser Tage nicht mehr auf den Plätzen, mit scharfen Worten kritisierte die Value-Legende das unverantwortliche Spiel mit Bonität und Zahlungs(un)fähigkeit der US-Politiker. Dabei verschiebt die an den Märkten zumindest vorübergehend gefeierte Einigung in wirklich allerletzter Sekunde die eigentlichen Probleme nur um ein paar wenige Monate. Hinzu kommt:
Spieler an die Tische
Der Einfluss der aktuellen (welt)wirtschaftspolitischen Lage auf die Börsen ist kein guter. Eine echte, faire Bewertung der Kurse ist schlichtweg kaum möglich, so stark verzerren die exogenen Ereignisse die Märkte. Weder die Anhänger der Fundamentalanalyse, noch die Fraktion der Charttechniker können mit den derzeitigen Kurskapriolen vernünftig arbeiten. Der Grundsatz, wonach alle relevanten Informationen in den Chart eingepreist sind, ist unter den herrschenden Bedingungen ebenso in Frage gestellt wie die Aussagekraft von Kennzahlen & Co. Die Kluft zwischen Realwirtschaft – im jüngsten Beige Book der Fed wurde den USA am Mittwoch nur ein moderates Konjunkturwachstum bescheinigt – und Börse wird ständig tiefer, und in Verbindung mit der extremen Liquidität, die ungehindert, weil von den Notenbanken gewollt, in die Märkte fließt, entsteht so eine Art Spielhölle für das große Geld. Diese Entwicklung ist mindestens so gefährlich für die Weltwirtschaft wie die Schuldensituation der USA, wird jedoch nach Kräften ignoriert, denn das vorhandene Gewinnpotenzial macht offensichtlich blind für die möglichen Risiken. Deshalb:
Vorsicht Falle
Langfristige Prognosen gleichen momentan einer Pokerpartie. Auf der kurzen Distanz sind die Würfel jedoch bereits gefallen – die Zeichen stehen relativ deutlich auf Jahresend-Rallye! Gerade weil in den USA die Etat-Probleme nur aufgeschoben, nicht aber aufgehoben wurden, dürften die Bullen in den kommenden Wochen einen Lauf haben, bevor die Krisenthematik spätestens Anfang 2014 die Märkte wieder einholt. Dennoch bleiben die Kurse aufgrund der zuvor genannten äußeren Einflüsse bis auf Weiteres anfällig für größere Schwankungen, Rücksetzer müssen daher jederzeit einkalkuliert werden. Einzige Trumpfkarte dabei für kleinere, vor allem private Anleger: ein konsequentes Risk-Management, um nicht zum Spielball der Big Player im Börsen-Casino Royale zu werden!
DAX auf Rekordjagd
Auch im deutschen Leitindex platzte in dieser Woche endlich der Knoten. Das wochenlange Seitwärtsgeschiebe entlud sich in einem sehenswerten Kursfeuerwerk, dessen Höhepunkt am Mittwoch das neue Rekordhoch bei 8821 Punkten darstellte. Damit dürfte in den kommenden Sitzungen erstmals in der Geschichte des Börsenbarometers die 9000er-Marke angesteuert werden, doch auch für den heimischen Markt gilt – der Einsatz ist derzeit hoch, die Gefahr einer Korrektur allgegenwärtig. Zudem stellt sich dem Index aus charttechnischer Sicht bei etwa 8900 Zählern mit der Obergrenze des mittelfristigen Aufwärtstrendkanals eine massive Barriere in den Weg, an der die Bullen vermutlich noch einmal vorübergehend ausgebremst werden. Doch trotz oder gerade wegen dieses Widerstands sind die nächsten Rekordstände nur eine Frage der Zeit – und der 9000er-Jackpot wird noch in diesem Jahr geknackt!
Dipl.-Volkswirt, Full-Stack Engineer, Hobbytischler