(Prime Quants) – Von wegen „Sell in May and go away“: Entgegen den historischen Tendenzen konnten die Bullen den Wonnemonat für sich nutzen und den DAX gut fünf Prozent nach oben befördern. Einen so starken Monat konnten Anleger zuletzt im Juli vergangenen Jahres beobachten, als mit einem Kursplus von 5,55 Prozent die noch immer laufende Rallye angestoßen wurde. Kleine Kratzer werden erst im Tageschart sichtbar: Denn das Niveau oberhalb von 8.500 Punkten rief zuletzt verstärkt Verkäufer auf den Plan. Die Bezeichnung „Trendbruch“ oder „Korrektur“ verdient der kleine Rücksetzer aber nicht. Im Gegenteil: Im Juni bestehen gute Chancen, dass die Optimisten zunächst das Zepter in der Hand behalten und weitere Rekordmarken im DAX möglich machen.
Im Fokus steht dabei vor allem der Hexensabbat am 21. Juni. Der DAX hatte in den vergangenen Jahren erstaunlich oft am großen Verfallstag ein wichtiges Top markiert, das anschließend erst Wochen oder Monate später überboten werden konnte – auch jetzt scheint dieser Termin wieder wie ein Magnet zu wirken. Derzeit wird bis zum 21. Juni ein Höchstkurs von 8.790 Punkten an der europäischen Terminbörse Eurex eingepreist. Doch rechtfertigt weiteres Aufwärtspotenzial von rund 4 ½ Prozent den Einstieg auf dem aktuellen Niveau? Genau hier liegt das Problem: Trader können sicherlich mit dem einen oder anderen schnellen Engagement auf der Long-Seite aktiv werden, für Investoren ist unserer Meinung nach der Zenit aber zunächst überschritten. Denn gerade die schwachen Sommermonate nach dem Hexensabbat sind für eine größere Korrektur prädestiniert. Schnäppchenkurse sehen jedenfalls anders aus.
Ebenfalls von Bedeutung werden die Ratssitzungen der Notenbanken werden. Diese melden sich tendenziell zum Monatsanfang zur Wort. Konjunkturdaten auf mögliche Veränderungen der lockeren Geldpolitik abzuklopfen, scheint das neue Hobby der Börsianer zu sein. Kein Wunder, zeigt uns doch Japan, dass die Scheinkurse auf Sand gebaut wurden. Die Formel scheint simpel: Ohne billiges Geld, keine Rallye. Alleine die Spekulationen über eine Drosselung reichen schon aus, um dem Hausse-Express abzubremsen. Dennoch scheint es schwer der Kraft der steigenden Kurse zu wiederstehen. Die Stimmung unter den Privatanleger hat sich von dem Mai-Tief wieder etwas erholt, wie der Blick auf das Stimmungsbarometer der Börse Stuttgart verrät. Mehrheitlich wird hier anscheinend auf die Strategie „Buy-on-Dips“ gesetzt. Die Frage lautet nur, wie weit ein solcher Dip reichen kann? Charttechnisch betrachtet könnte unterhalb von 8.280/8.300 Punkten durchaus etwas Abwärtsdruck in den Markt kommen. Erste Ziele sind vor allem bei 8.152 (ehemaliges Allzeithoch) und 8.074 Punkten (März-Hoch) zu finden. Das offene Gap unterhalb von 7.900 Punkten dürfte hingegen erst bei einer größeren Korrektur ein Thema werden. Unser Fazit: In den kommenden Wochen besteht durchaus noch Luft nach oben. Allerdings wird unter Chance-Risikogesichtspunkten die Short-Seite mit jedem weiteren Punktgewinn auf mittlere und lange Sicht attraktiver. Die Börse ist schlichtweg keine Einbahnstraße. Vor allem nicht dann, wenn die Kurse nur von einem Faktor abhängig sind. Und dieser heißt weiterhin billiges Geld.
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Dipl.-Volkswirt, Full-Stack Engineer, Hobbytischler