(Prime Quants) – Nach der Protestwahl in Italien hat sich an den Aktienmärkten Ernüchterung breit gemacht.
Zumindest kurzfristig, bis Notenbankchef Ben Bernanke endlich die erlösenden
Worte aussprach und am Dienstag abermals den Kurs der extrem lockeren Geldpolitik
verteidigte. Die amerikanischen Aktienmärkte reagierten auf das Statement in gewohnter
Manier und zogen wieder kräftig nach oben. Die Geldschleusen bleiben geöffnet und
das Lebenselixier fließt weiter. Die Gelddruckmaschine ist der Masterplan für den Weg
aus der Krise. Wirtschaftswachstum um jeden Preis, lautet die Devise – Nebenwirkungen
unerwünscht.

Optimistische Analysten prognostizieren der US-Wirtschaft in diesem Jahr sogar Wachstumsraten
von 3,5 Prozent. Doch unter dem Strich bleibt es beim Wachstum auf Pump,
denn zeitgleich steigen die Staatsschulden um 7,3 Prozent. Nur ein amerikanisches Problem?
Keinesfalls. Italiens Wirtschaft soll in diesem Jahr um -1,0 Prozent schrumpfen,
zeitgleich werden jedoch neue Schulden in Höhe von 1,8 Prozent des BIPs gemacht.
Frankreich, dem ein kleines Wirtschaftsplus von 0,1 Prozent zugesprochen wird, steigert
seine Schulden im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung um 3,5 Prozent und während
Spaniens Wirtschaft mit -1,5 Prozent weiter unter Druck gerät, legen die Staatsschulden
um sage und schreibe 5,7 Prozent zu. Sicherlich, die jährliche Neuverschuldung liegt nun
deutlich unter der Marke von 8,9 Prozent im Jahr 2011. Doch damals zählte Spanien mit
einer Schuldenquote von 69,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes noch zu den Musterschülern
in der EU – daraus sind mittlerweile 92,7 Prozent geworden.

Die Maßnahmen der Notenbanken haben die Märkte in unerwartete Höhen getrieben –
das steht nicht zur Debatte. Allerdings fehlt durch diesen Optimismus der Reformdruck.
Salopp gesagt hat das Sparschwein noch immer nur wenig Freunde. Logisch, denn die
Italienwahl hat gezeigt, dass man damit keine Wahlen gewinnen kann. Und so beißt sich
die Katze leider immer wieder in den Schwanz. Jeden Monat pumpt die amerikanische
Notenbank (Fed) 85 Mrd. US-Dollar in den Markt. Das sind umgerechnet knapp 65 Mrd.
Euro, also die komplette Marktkapitalisierung des derzeit teuersten DAX-Konzerns Siemens,
der insgesamt 370.000 Mitarbeiter zählt. Man muss sich das quasi so vorstellen,
als ob jeden Monat ein „künstlicher“ Scheinkonzern im Wert der Siemens AG geschaffen
wird, nur das sich dieser Wert auf alle existierenden Unternehmen verteilt. Die Flut hebt
also im Endeffekt alle Boote.

Das Problem: Solange die Staatsverschuldung stärker als das Wachstum steigt, wird das
Spiel der Notenbanken auf lange Sicht nicht aufgehen. Das Problem wird lediglich in die
Zukunft geschoben. Der Ballon etwas mehr aufgeblasen, wodurch der Knall am Ende
nur noch lauter werden dürfte. Aber was bedeutet das für die Aktienmärkte?

Prognosen sind mehr als schwierig. Aber solange die Fed nicht von den Maßnahmen
abweicht und das Phänomen durch andere internationale Notenbanken aus Japan oder
China unterstützt wird, dürfte der Markt weiter nach oben ziehen. Das Ende des billigen
Geldes würde aber mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit der laufenden Rallye sofort
die Luft abschnüren. Weitere Kursgewinne sind dann kaum vorstellbar. Wie bei Drogen
üblich, muss allerdings die Dosis in gewissen Zeitabständen erhöht werden, da sie sonst
kaum noch Wirkung zeigt. Die Fed hat dies zuletzt im Dezember getan und das Volumen
der Anleihekäufe nahezu verdoppelt. Im Endeffekt zeigen diese Maßnahmen aber nur
die Hilflosigkeit der politischen Klasse und den fehlenden Willen an dem bestehenden
System wirklich etwas zu verändern.

Es bleibt also festzuhalten, dass auch diese Rallye nur einem gewissen Haltbarkeitsdatum
unterliegt. Was wohl passieren wird, wenn die Märkte nach dem Liquiditätsrausch
erwachen und feststellen, dass Spanien und Frankreich mittlerweile mit 100 Prozent des
BIPs verschuldet sind, gleichzeitig aber nur Miniwachstumsraten vorzuweisen haben?
Wir wollen an dieser Stelle nicht den Schwarzmaler geben, dennoch sind wir fest davon
überzeugt, dass durch die Notenpresse kein nachhaltiges Wachstum generiert werden
kann, sofern dies nicht mit politischen Maßnahmen einhergeht. Es geht an dieser Stelle
aber auch nicht um eine Gesellschaftskritik, auch wenn wir nach wie vor über unsere
Verhältnisse leben. Vielmehr geht es um die Frage „Was die Kurse bewegt?“.

Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass das billige (vor allem amerikanische)Geld
der Market Mover Nr. 1 ist und bleibt. Allerdings geht es an der Börse auch immer um
Psychologie und Vertrauen. Und diese Komponenten sind nur sehr schwer abzuschätzen.
Politische Blockaden wie in Italien tragen sicherlich nicht dazu bei. Aber auch Ben
Bernanke muss seinen Kurs der lockeren Geldpolitik mit harten Fakten unterstreichen,
sonst schwimmen selbst ihm die Felle davon. Tendenziell rechnet die Analystengilde
ab dem Jahr 2014 mit einem deutlichen Wirtschaftsplus – sowohl in den USA als auch
in Europa. Allerdings sind auch diese Zahlen bislang nur Zukunftsmusik und stellen nur
eines von vielen möglichen Szenarien dar. Der Bulle dürfte aber (vor allem in Übersee)
dank Ben Bernanke vorerst am Drücker bleiben.

Erfolgreiche Trades wünscht

Ihr
Sebastian Jonkisch

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