(Prime Quants) – Als ich mich am frühen Mittwochmorgen auf den Weg zu meiner Arbeitsstätte machte, führte mich derselbe wie üblich an der hiesigen Geschäftsstelle der Sparkasse vorbei. Und siehe da, über Nacht hatte sich das ansonsten eher funktionale Gebäude in eine Art „Spaßkasse“ verwandelt: Jede Menge bunter Luftballons schmücken derzeit den Eingangsbereich und lassen dahinter weitere Attraktionen vermuten. Anlass für dieses Spektakel ist der sogenannte Weltspartag. Den gibt es bereits seit 1924, als der 1. Internationale Sparkassenkongress einen weltweiten Tag zur Förderung des Sparens ins Leben rief und im Jahr darauf erstmalig abhielt. Nun ist das Sparen an sich, da hatten die Altvorderen vor rund 90 Jahren durchaus Recht, ein sehr löblicher Vorgang. In letzter Zeit jedoch ist dieser ein wenig in Verruf geraten. Vielerorts war zu hören und zu lesen, dass sich Sparen nicht mehr lohnt, seitdem die Niedrigzinspolitik der EZB die Renditen auf historische Tiefststände drückt. Man spare sich arm, sagen die einen, vom Vermögensverlust aufgrund schleichender Enteignung durch Inflation warnen die anderen. Gemeint ist dasselbe, und auch das Ziel ist das nämliche – dem Otto Normalsparer Angst einzujagen! Dieser Umstand ist offenbar auch der Bundesbank aufgefallen, denn die veröffentlichte gerade ihren jüngsten Monatsbericht, worin verkündet wird: Sparen lohnt sich eben doch! Steht da etwa Aussage gegen Aussage, und wer sagt denn nun die Wahrheit? Wir haben es für Sie überprüft:
Butter bei die Fische
Die Spargegner (interessanterweise vorwiegend Banken, deren Verbände oder solchen nahestehende Ökonomen) argumentieren vor allem mit der Behauptung, die aktuellen Niedrigzinsen liegen unterhalb der Inflationsrate, was dazu führt, dass die Summe auf dem Sparbuch trotz regelmäßiger Einzahlungen immer kleiner wird. Alles Quatsch, sagt die Bundesbank, und verweist darauf, dass die durchschnittliche reale Gesamtrendite seit 2008 immerhin 1,5 Prozent beträgt. Jetzt muss man wissen, dass die Bundesbank hier den Mittelwert aus allen Anlageformen gebildet hat, von Tagesgeldkonto über das gute alte Sparbuch bis hin zum Aktieninvestment ist alles dabei. Das war uns jedoch zu allgemein, deshalb haben wir uns nur die Zahlen für „echte“ Geldanlagen in den vergangenen 12 Monaten angeschaut. Grundlage unserer Betrachtung bildete dabei die Datenreihe der Deutschen Bundesbank zum 3-Monatsgeld, das die Höhe der erwarteten (Spar-)Zinsen widerspiegelt. Wer also sein Geld seit August 2014 quartalsmäßig angelegt hat, hat dafür – bei einer Umrechnung auf die einzelnen Monate – schlimmstenfalls 0,44 Prozent Zinsen erhalten, im besten Fall waren es 0,72 Prozent. Die Inflation betrug im selben Zeitraum – ebenfalls auf die einzelnen Monate berechnet – zwischen 0,8 und -0,3 Prozent.
Inflation vs. Zinsen |
In der Grafik wird deutlich, dass die Sparzinsen damit in 7 von 12 Monaten über und in 5 von 12 Monaten unterhalb der Inflationsrate lagen, wobei der Sparer im Mai 2015 eine Negativ-Differenz von 0,23 Prozent hinnehmen musste, sich dafür aber im Januar 2015 über eine „Outperformance“ von 0,88 Prozent gegenüber der Inflationsrate freuen konnte. Die Mär von der schleichenden Enteignung durch Inflation gehört damit also tatsächlich ins Reich der (Schauer-)Märchen, und es lohnt sich immer zu hinterfragen, mit welcher Absicht ein Absender seine Botschaft verschickt, aber:
Süßes oder Saures
So richtig reich wird man mit diesen Renditen für das Ersparte tatsächlich nicht, deshalb sind Aktienanlagen trotz aller Volatilität und/oder der unvermeidlichen Drawdowns durchaus eine sinnvolle Ergänzung. Wem dabei noch bewusst ist, dass auch auf dem Parkett die Bäume nicht in den Himmel wachsen, der braucht sich um seine Vermögensbildung eigentlich keine Sorgen mehr zu machen. Und wer sich spätestens jetzt fragt, warum ich heute so ausführlich zu einem Thema referiere, dass nur am Rande mit dem Marktgeschehen zu tun hat, dem sei gesagt, dass an eben jenen Märkten in dieser Handelswoche so gut wie nichts geschehen ist. Unter dem Strich stehen beim DAX beispielsweise aktuell -0,3 Prozent als Wochenperformance, nach dem sehr starken Schlussspurt der vergangenen Woche ebbte das Kaufinteresse zuletzt deutlich ab. Woran das lag? Nun – zum einen kann selbst ein Super-Mario Draghi nicht börsentäglich für Partystimmung sorgen, und seine US-amerikanische Amtskollegin Janet Yellen weist deutlich weniger Unterhaltungswert auf, auch wenn sie am Mittwoch einen klitzekleinen Hinweis darauf gab, dass es nun doch noch im Dezember diesen Jahres mit der so lange erwarteten und endlos herbeigeredeten Zinserhöhung losgehen könnte. Zum anderen erwiesen sich die Unternehmen als wahre Stimmungskiller. VW meldete den ersten Quartalsverlust seit 18 Jahren, die Deutsche Bank setzte am Donnerstag noch einen drauf und gestand ein Rekord-Minus von sage und schreibe 6 Milliarden Euro. Dafür kriegt man in Berlin schon fast einen ganzen Flughafen! Immerhin – seinem Ruf als goldener Börsenmonat wurde der Oktober auch in diesem Jahr wieder gerecht: rund 11,5 Prozent schoss der DAX in den vergangenen vier Wochen nach oben, das ist bislang der mit Abstand größte Zuwachs innerhalb eines Monats im laufenden Börsenjahr 2015! Fast schon ein wenig gruselig, zumal in dem Rallyeschub eine Kurslücke zwischen 10.500 und 10.600 Punkten entstand, die noch nicht wieder geschlossen wurde. Wir sparen uns an dieser Stelle deshalb auch heute nicht den Hinweis: Es kann noch einmal ungemütlich werden!
Erfolgreiche Trades wünscht
Ihr
Sebastian Jonkisch
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Dipl.-Volkswirt, Full-Stack Engineer, Hobbytischler