(Prime Quants) – Ob Sie mir das nun glauben oder nicht, aber hätte ich mich beruflich nicht der Volkswirtschaft und ihrer Lehre zugewandt, wäre aus mir sicherlich ein passabler Apnoe-Taucher geworden. Der Reiz bei dieser archaischen Tauchmethode liegt in der unglaublichen Körperbeherrschung, den instinktiven Atemreflex zu unterdrücken. Das erfordert neben einer hervorragenden körperlichen Konstitution auch eine enorme mentale Stärke, und über eine solche zu verfügen, fasziniert mich ungemein. Dabei wird beim Apnoetauchen grundsätzlich in zwei Kategorien unterscheiden, der horizontalen, zu der jene zählen, die auf Zeit oder Strecke tauchen. Und dann gibt es noch die vertikale, da tummeln sich all die, die – entweder durch ein Bleigewicht beschwert oder mithilfe eines Tauschlittens – mit nur einem Atemzug in die Tiefe rasen. Zwischen 101 und 214 Metern liegen die derzeitigen Rekordtiefststände, je nachdem, auf welche Weise sie erzielt wurden. Der Faszination dieses Sports hat der französische Filmregisseur Luc Besson mit seinem 1988er Kultwerk „Im Rausch der Tiefe“ ein filmisches Denkmal gesetzt, und wer den Streifen noch nicht kennt: unbedingt ansehen, es lohnt sich!!! Fragen Sie ruhig mal die Akteure auf dem Frankfurter Parkett, die haben sich von dem Film zu Beginn dieser Handelswoche nämlich ganz offensichtlich inspirieren lassen:

Tauchstation

9.325,05 Zähler standen am Dienstag beim DAX als neues Jahrestief auf der Anzeigetafel, ein ordentlicher Tauchgang, wenn man berücksichtigt, dass der Jahreshöchststand – gleichzeitig auch amtierendes Allzeithoch – im April noch bei 12.390,75 Punkten markiert wurde. Dazwischen hat der Index rund 25 Prozent verloren, damit ist die bisherige Jahresperformance erst einmal gründlich abgesoffen (aktuell -3 Prozent) und der Sturz unter das Jahresanfangsniveau sorgt bei den Anlegern mittlerweile für eine ausgeprägte Schnappatmung. Das Blei, das den DAX zu Wochenbeginn in die Tiefe zog, bestand erneut aus VW und den übrigen Protagonisten der deutschen Automobilbranche, die allesamt kräftig nach unten sanken. Schwächelt die Top-Branche, geht der ganze Index baden, so lautete die Erkenntnis der ersten beiden Tage dieser Handelswoche. Im Anschluss wurde es zwar besser, aber nicht wirklich gut. Zwar kratzten die Kurse zwischenzeitlich kurz an der 9.700er-Marke, fielen dann aber wieder auf das Niveau um 9.500/9.600 Zähler zurück. Die gute Nachricht: Daran trugen ausnahmsweise mal nicht neue Schockmeldungen über VW’s Dieselgate die Schuld. Nein, die Inflationsrate war’s – die sank im September nämlich um 0,1 Prozent im Euroraum, und damit tauchte ein längst vergessen geglaubtes Problem ab Mittwoch plötzlich wieder am Börsenhorizont auf: Die Deflationsgefahr! Ei der Daus, Deflation, was war das gleich noch? Richtig, der Abwärtsstrudel aus sinkenden Preisen und sinkender Nachfrage, von der EZB gefürchtet wie sonst nur das Weihwasser vom Teufel. Wir erinnern uns:

Abgetaucht

Um die Inflationsrate endlich wieder in Richtung 2-Prozent-Marke zu hieven und damit die, siehe oben, gefürchtete Deflationsgefahr zu bannen, hob EZB-Chef Draghi vor einem guten halben Jahr sein umstrittenes Anleiheprogramm aus der Taufe. Was folgte, war bekanntlich eine Monster-Rallye an Europas Börsen, aber rund sechs Monate später ist die Kurswirkung der geldpolitischen Maßnahme vollständig verpufft. Draghis Plan ein Rohrkrepierer? Nun, zumindest im Augenblick sieht es ganz danach aus, zumal der EZB-Präsident offensichtlich erst einmal ebenso abgetaucht ist wie seine Inflationsrate. Dabei ist die gesunkene Teuerungsrate doch auf eine simple Ursache zurückzuführen – der Ölpreis hat sich innerhalb der vergangenen 12 Monate nahezu halbiert! Und das hat auch positive Auswirkungen, denn niedrige Energie- und Rohstoffpreise können eine Wirtschaft und deren Wachstum durchaus ankurbeln! Dann würden Löhne und Gehälter steigen, zumal billiges Öl bzw. Benzin obendrein für pralle Portemonnaies bei den Verbrauchern sorgen dürfte. Und wer am Ende des Monats noch ein paar Groschen übrig hat, der konsumiert auch gerne – wer hat also Angst vorm Deflationsgespenst? Niemand! Ob Signore Draghi das genau so sieht, ist bis zum heutigen Redaktionsschluss nicht überliefert, wir vermuten aber stark, dass er mit einer Ausweitung seines bisherigen Ankaufprogramms aus der Versenkung wieder auftauchen wird. Auch gut:

Oberwasser

Was fehlt derzeit an den Märkten? Eine klare Linie und die daraus resultierenden Kaufimpulse. Deutliche Worte vom EZB-Oberen könnten da durchaus für eine gewisse Kursberuhigung sorgen, zumal seitens der Analysten zuletzt ein Bereich zwischen 10.500 und 11.200 Punkten als Ziel fürs Jahresende ausgerufen wurde. Mit anderen Worten – das Schlimmste liegt jetzt vermutlich hinter uns. Zwar dürften die teils heftigen Kursschwankungen der jüngsten Vergangenheit noch eine Weile anhalten, schließlich kann aktuell weder aus China, noch aus Wolfsburg Entwarnung oder gar Problemlösung vermeldet werden, doch unter dem Strich sollten die Käufer allmählich aufs Parkett zurückkehren. Wir halten es für sehr wahrscheinlich, dass die „bad news“ aus aller Welt mittlerweile in den Kursrückgängen der vergangenen Wochen eingepreist sind, und das bedeutet: Die momentane Baisse ist demnach wohl nicht der Beginn einer weltweiten Rezession, sondern vielmehr „nur“ die lange überfällige Korrektur der vormals stark überkauften Märkte, die unvermeidliche und ordentliche Übertreibung nach unten inklusive. Die Konjunktur- und Unternehmensdaten sind jedenfalls robuster, als das die Börsenpreise derzeit vermuten lassen, es sollte also nur eine Frage der Zeit sein, bis letztere wieder Oberwasser haben!

Erfolgreiche Trades wünscht

Ihr
Sebastian Jonkisch

{loadposition mainbody_author_sj}
{loadposition inbeitrag_mm_bestellseite}