(Prime Quants) – Vielleicht geht es Ihnen ja bereits ähnlich, aber ich kann es mittlerweile nicht mehr hören und auch nicht mehr sehen. Diese schier unendliche Diskussion um den bevorstehenden Grexit (allein dieses Wort!) und seine möglichen Folgen zerren nunmehr heftig an meinem Geduldsfaden. Seit Monaten verstreicht eine Frist und damit ein Ultimatum nach dem anderen, ohne dass auch nur ein Schritt in irgendeine Richtung gemacht worden wäre. Forderungen hier, Verweigerungen da, so geht das nun schon die ganze Zeit. Die einzige Bewegung, die in der Angelegenheit bislang stattfindet, ist der Anstieg der Krisensitzungen, die zum Thema einberufen und abgehalten werden. Madame Lagarde sammelt gerade Sonder-Bonusmeilen, und Monsieur Juncker bereut vermutlich, damals nicht bei Goldman Sachs angeheuert zu haben und stattdessen in die Politik gegangen zu sein. Tja, Augen auf bei der Berufswahl, kann man da nur sagen! Und dann diese Schlagzeilen: Tagtäglich ist es auf irgendeinem Titelblatt „fünf vor zwölf“, immer verbunden mit der bangen Frage „Griechenland, wohin des Wegs?“, so oder ähnlich formuliert. Die Bilder sind aber auch nicht besser. Ständig ist der hellenische Ministerpräsident von hinten zu sehen, kein allzu schöner Anblick. Und keine Berichterstattung, in der Griechenlands Finanzminister Varoufakis mal nicht den ach so coolen Easy Rider gibt und auf seinem Motorrad beim nächsten Krisentreffen (oder einfach nur in seinem Amtssitz) einreitet. Beliebte Bildunterschriften sind derzeit „keine Gnade für Griechenland“ oder „jeder Tag zählt“, nur folgen all den Worten und Bildern leider keine Taten. Die Gründe dafür liegen auf der Hand:

Hunde, die bellen…

Die Europäische Union mag aktuell drohen und belfern, wie sie will, die Losung hat sie jedoch schon vor Jahren eindeutig definiert: Keiner verlässt den (Euro-)Raum! Was vor allem auch daran liegen könnte, dass die europäischen Gemeinschafts-Gläubiger bei einem Ausstieg Griechenlands vermutlich leer ausgehen würden. Aber auch die Signalwirkung wäre fatal – der Austritt Athens aus dem europäischen Staatenbund würde die Idee des vereinten Kontinents ad absurdum und die Gemeinschaft an den Rand des Scheiterns führen. Griechenland hingegen hat nicht mehr viel zu verlieren. Pleite sind sie ja sowieso schon, und ob sie ihre Schulden nun in Euro oder Drachmen nicht zurückzahlen, interessiert in Athen wahrscheinlich niemanden so wirklich. Und erinnern wir uns an des Draghis große Worte aus dem Jahre 2012, man werde alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten. So etwas nennt sich gemeinhin Freifahrtschein, und deshalb verwundert es auch nicht, dass die Griechen ihn nutzten (Stichwort: ELA-Kredite)und bislang auf dem Weg zum Showdown die Karten auch am besten spielten! Wie immer das Spiel letztlich ausgehen mag, ein baldiges Ende ist absolut wünschenswert. Denn für die Märkte sind derlei politische Unsicherheiten bekanntlich hochgradig wirksames Gift. Das zeigt sich an den überwiegend negativen Kursverläufen der vergangenen Sitzungen, aber auch die Stimmung hat sich mittlerweile eindeutig verschlechtert. Kaum ein Analyst oder wahlweise Nobelpreisträger, der dieser Tage nicht von einer drohenden Crash-Gefahr warnt. Natürlich, Börsenabstürze vorherzusagen ist spätestens seit 2008 extrem en vogue, da ist so mancher schon mit reich geworden, und für das Renommee ist es unerlässlich, hinterher behaupten zu können, „ich habe es doch gleich gesagt!“. Und diese Unkenrufe zeigen durchaus Wirkung:

…beißen nicht

An den Aktienmärkten dominieren derzeit Skepsis und Zurückhaltung. Trotz niedriger Einstiegspreise halten sich die Zukäufe momentan in Grenzen. Vor allem institutionelle Anleger reduzieren ihre Engagements aktuell zugunsten einer höheren Cash-Quote, um im Fall der Fälle auf Nummer Sicher zu gehen. Welche Auswirkungen ein Austritt Griechenlands aus dem Euro letztlich nach sich ziehen könnte, ist völlig unklar. Besonders ängstliche Stimmen befürchten einen Zusammenbruch von lehmanschen Dimensionen. Noch ein Grund übrigens, weshalb die EU den Grexit keinesfalls forcieren wird! Und: diesen Pessimismus teilen wir grundsätzlich nicht. Wir sehen für den DAX ein derzeitiges Krisen-Rückschlagspotenzial von rund 10 Prozent, was einem Kursziel von 10.000 Punkten entspricht. Aber diese unsere Einschätzung ist nicht neu, schon zu Beginn der Frühjahrsrallye haben wir dem Leitindex eine Korrektur bis auf dieses Niveau zugebilligt und darauf sogar mit einer Short-Spekulation gewettet. Deren Ende ist hinlänglich bekannt, und das beweist wieder einmal, dass es ganz gerne anders kommt, als man zunächst noch denkt. Fest steht allerdings, dass die (Börsen-)Welt auch diesmal nicht untergehen wird, dafür werden Draghi & Co schon sorgen!

Erfolgreiche Trades wünscht

Ihr
Sebastian Jonkisch

{loadposition mainbody_author_sj}
{loadposition inbeitrag_mm_bestellseite}