(Prime Quants) –
Der marktbewegende Paukenschlag dieser Handelswoche erfolgte am Donnerstagnachmittag und es war die EZB, dafür sorgte – mit der überraschenden Senkung des Leitzinses um 25% auf nunmehr nur noch 0,25% haben Europas oberste Währungshüter nicht einstimmig, aber mehrheitlich ein deutliches Signal für die Marschrichtung von Märkten und Geldpolitik gegeben. Der deutsche Leitindex reagierte sofort und schoss innerhalb von 50 Minuten um 120 Punkte auf den neuen Intraday-Höchststand bei 9.193 Zählern. Damit zeigt sich erneut sehr eindrucksvoll, dass in der aktuellen Marktphase die Nachrichten die Kurse machen und nicht umgekehrt, wie in „normalen“ Zeiten immer wieder gerne kolportiert wird. Als Begründung für den – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt – unerwarteten Zinsentscheid der EZB nannte deren Präsident die im Euroraum stark gesunkene Inflationsrate von derzeit 0,7%, dem tiefsten Stand seit vier Jahren und somit klar unter der von den Währungshütern angestrebten Zielmarke von knapp 2%. Es ist ganz offensichtlich die Angst vor einer drohenden Deflation, die den Euro-Bankern diesen Schritt abverlangte. Moment – Deflation? Fürchten wir seit Monaten, ach was, seit Jahren, nicht das Gegenteil, die Inflation?

Das große Gespenst

Keine Frage, die deflationären Tendenzen in der Eurozone sind unübersehbar. Seit dem Frühjahr sinken die Inflationsraten in den Ländern der Gemeinschaft, Spanien vermeldete zuletzt eine Teuerungsquote von lediglich 0,1% und damit nur noch haarscharf im positiven Bereich. Der allgemeine Preisrückgang ist jedoch staatlich organisiert und ebenso gewollt – mit den auferlegten Sparprogrammen verfolgen die europäischen Regierungen eine Austeritätspolitik, mit der die Entwicklung einer Deflation billigend in Kauf genommen wird. Durch die rigiden Sparkurse werden Kosten und Ausgaben der Länder, aber in der Folge auch Preise und Löhne, Gewinne und Investitionen in der Wirtschaft gesenkt. Doch auf diese Weise wird das eigentliche Ziel des Kampfsparens, die Reduzierung der (Staats-)Schuldenlast, weit verfehlt. Denn die Verbindlichkeiten steigen weiter. Trotz massiver Einsparungen liegen die Staatsverschuldungen beispielsweise in Griechenland bei mittlerweile 160% des BIP, Italien vermeldet 130%, gefolgt von Portugal (127%) und Irland (125%). Tendenz steigend. Dies gilt auch für die Arbeitslosenzahlen – der EU-Schnitt liegt bei 12%, der Mittelwert bei der Jugendarbeitslosigkeit beträgt das Doppelte, in den südeuropäischen Ländern sind mindestens die Hälfte der jungen Erwerbsfähigen ohne Lohn und Brot. Vor diesem Hintergrund erscheint die am Dienstag veröffentlichte Forderung des Internationalen Währungsfonds, per se leidenschaftlicher Verfechter jedweder Sparmaßnahmen, zur Schuldensenkung eine Zwangsabgabe in Höhe von 10% auf alle Vermögen zu erheben, geradezu obszön. Denn:

Austerität als politische Sackgasse

Der Irrglaube, vereintes eisernes Sparen sei das Allheilmittel gegen die europäische Schuldenkrise wird sich als politische Sackgasse erweisen. Noch gelingt es der EZB, mit Gegenmaßnahmen wie der aktuellen Zinssenkung die tatsächliche Entwicklung der EU-Wirtschaftszone hinauszuzögern und die Märkte künstlich auf immer neue Höchststände zu pushen. Doch das dicke Ende wird unweigerlich kommen, zumal bei der aktuellen Diskussion nur allzu gerne vergessen wird, wer die eigentlichen Verursacher der Krise sind. Es waren die Banken, die nach Lehman mit Abermilliarden an Staats- und Steuergeldern gerettet werden mussten. Die Schulden der europäischen Gemeinschaft sind in Wahrheit auch die ihrer Banken, und das macht die gegenwärtige Wirtschaftslage so gefährlich! Aber:

The Show must go on!

Der Donnerstag hat es deutlich gezeigt, die Aufwärtsdynamik an den Märkten ist derzeit trotz aller Bedenken geradezu unwiderstehlich. Die Angst, bei der Jahresendrallye nicht dabei zu sein, ist offensichtlich größer als die Furcht vor einem drohenden Rückschlag. Dass es im DAX mühelos bis 9200 Punkte gehen kann, haben wir am Donnerstag gesehen, und auch wenn diese Barriere im ersten Anlauf noch nicht überwunden werden konnte, spricht alles dafür, dass in der derzeitigen Konsolidierungsphase das Potenzial für einen Sprung über 9200 gesammelt wird. Die aktuell schwächeren Notierungen in Asien und Übersee drücken den DAX dabei jetzt in Richtung der 9000er-Marke und damit auf ein Niveau, das für klassische Anschlusskäufe, das sogenannte „Buy on the Dips“, genutzt wird. Die Show wird also wohl auch in der kommenden Woche weitergehen!

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