(Prime Quants) – Mario Draghi, der letzte Krieger im Kampf um die europäischen Staatsfinanzen, springt wieder in die Bresche. Der oberste europäische Währungshüter kündigte am Donnerstag überraschend an, dass die Europäische Zentralbank (EZB) noch lange an ihrer Niedrigzinspolitik festhalten wird. Ein Novum, denn bis dato legte die EZB bewusst einen Schleier der Vieldeutigkeit über ihren zukünftigen Kurs. Draghi selbst nannte sein Niedrigzinsversprechen einen „beispiellosen Schritt“. Und das Echo aus den Frankfurter Banktowern war nicht weniger spektakulär: Commerzbank-Analyst Michael Schubert bezeichnete die Ankündigung gegenüber der Nachrichtenagentur dpa als „historischen Schritt“, Christian Schulz von der Berenberg Bank sprach von einer „Mini-Revolution“ und aus der Sicht von Jens Kramer von der NordLB hat die EZB „mit einem Tabu gebrochen“. In Wirklichkeit ist es jedoch ein Armutszeugnis.

Sprechen wir die Sachlage doch einfach an: Nachdem US-Notenbankchef Ben Bernanke angekündigt hatte, die Liquiditätsflut möglicherweise noch in diesem Jahr abebben zu lassen, zogen die Zinsen für Staatsanleihen rund um den Globus spürbar an. Auch (und vor allem) in Europa. Damit ist klar: Ohne die schützende Hand der Notenbanken kommt das wackelige Konjunkturkartenhaus sofort ins Wanken. Einsturzgefahr inklusive, denn rasant steigende Renditen an den Anleihemärkten wären nicht nur Gift für den Aktienmarkt, sondern könnten so manchen unter der Schuldenlast ächzenden europäischen Schuldenstaat wieder in Bredouille bringen. Der Krieger ist also nicht weniger als ein Gejagter. Das „alte“ Kredo der Geldwertstabilität spielt dabei nur noch eine untergeordnete Rolle. Draghi selbst begründete den Schritt u.a. mit schwachen Wachstumsaussichten und ungünstigen Bedingungen an den Finanzmärkten. Letztendlich bleibt es aber ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Klar, im Augenblick bedeutet das langfristig billige Geld weiteres Wasser auf die Mühlen der Haussiers. Der Crack-Up-Boom könnte mit dem Niedrigzinsversprechen noch einmal befeuert werden. Aber auf lange Sicht? Hier haben die vergangenen Tage gezeigt, dass der Markt ohne die Krücke der Notenbanken nicht vorankommt. Und machen wir uns bitte nichts vor: Ewig kann man dieses Spiel nicht spielen. Irgendwann muss schlichtweg auch geliefert werden. Das mehr als maue US-Konjunkturplus von 1,8 Prozent im ersten Quartal (erste Schätzung 2,4 Prozent) zeigt deutlich, dass die Kraft des billigen Geldes eher überschätzt wird. Und auch in Europa sind wir meilenweit von einer Konjunktur-Rallye entfernt. Etwas Gutes kann man den „Verzweiflungstaten“ der Notenbanken aber doch abgewinnen: Wenn die Flinte erst ins Korn geworfen wird (ob freiwillig oder gezwungener Maßen) und es für die Wirtschaft abwärts geht, dürfte der US-Regierung das nötige Kleingeld fehlen, um die gesamte Weltbevölkerung weiter zu bespitzeln. Laut Spiegel-Informationen sind alleine für dieses Jahr Ausgaben in Höhe von 70 Mrd. US-Dollar für Geheimdienstaktivitäten vorgesehen.

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