Nach fast vier Monaten Verhandlungen hat der Leverkusener Bayer-Konzern die Übernahme des amerikanischen Wettbewerbers Monsanto perfekt gemacht. Mit einem Preis von 66 Milliarden Dollar ist es ein Deal der Superlative: Es handelt sich dabei nicht nur um den größten Kauf in der Leverkusener Firmengeschichte, sondern auch um die größte Übernahme, die Deutsche jemals im Ausland tätigten. Und das, was dabei entsteht, ist der weltgrößte Anbieter von Saatgut und Agrochemikalien. Kein Wunder, dass sich Bayer-Chef Werner Baumann bei der Verkündigung in den höchsten Tönen lobte: "Mit dieser Transaktion schaffen wir erheblichen Wert für die Aktionäre, Kunden und für die Gesellschaft."

Doch ob er das wirklich schafft, ist – trotz aller Superlative –keinesfalls sicher. Das Unternehmen Monsanto nämlich zog in der Vergangenheit nicht nur die Kritik von Umweltschützern auf sich. Es kämpft auch zunehmend mit Unkräutern, die sich seinem Pestizid widersetzen. Und mit Bauern, die das Gentech-Saatgut schlicht zu teuer finden. Bayer hat sich also zunächst mal eine Handvoll Probleme ins Haus geholt.

Vermutlich ist das auch der Grund, warum die Aktionäre zunächst wenig begeistert reagierten. Als im Mai die ersten Kaufgerüchte auftauchten, verlor die Bayer-Aktie dramatisch an Wert. Viele Anteilseigner, die Bayer vor allem als Arzneihersteller schätzten, verkauften ihre Aktien, weil sie fürchteten, nach der Übernahme werde weder Geld noch Managementkapazität für die Pillenforschung übrig sein. Inzwischen hat sich der Aktienkurs zwar weitgehend erholt. Es muss also auch Aktionäre geben, die sich für genmodiziertes Saatgut erwärmen können. Aber die Kursdelle ist noch nicht ausgeglichen. Euphorie sähe anders aus.

Gerade noch erträglich für die Aktionäre

Der Kaufpreis ist auch nicht gerade ein Schnäppchen. Schon als Bayer im Mai sein erstes Angebot von 122 Dollar pro Monsanto-Aktie vorlegte, fanden Branchenexperten wie Ulrich Huwald von der Warburg-Bank das "ziemlich hoch". Doch dann mussten die Leverkusener noch dreimal nachlegen, um den Deal abzuschließen. Die 128 Dollar pro Aktie, die Bayer jetzt bezahlt, seien "gerade noch erträglich", sagt Thorsten Strauß von der NordLB. Wenig mehr und er hätte die Aktie nicht mehr zum Kauf empfehlen können.

Dass Monsanto so hart verhandelte, ist umso verwunderlicher, wenn man weiß, wie dringend der Konzern aus St. Louis auf Hilfe angewiesen war. Über Jahre verdiente das Unternehmen bestens an seinem Saatgut und einem Unkrautvernichtungsmittel namens Roundup, das alle Unkräuter vernichtete und nur die Nutzpflanzen aus dem Monsanto-Genlabor am Leben ließ. Einmal spritzen, versprach der Konzern, und der Bauer sei aller Sorgen ledig. Dieses Versprechen erlaubte Monsanto hohe Margen.

Doch dann entwickelten die ersten Wildkräuter Resistenzen gegen dieses Pestizid. Überdies steht der Roundup-Wirkstoff Glyphosat im Verdacht, Krebs zu erzeugen, und könnte seine Zulassung verlieren. Weil der Gentechnik-Pionier Monsanto aber inzwischen alle alten Chemielabore dichtgemacht hatte, brachte ihn das alles ziemlich in die Klemme.

Monsanto begann deshalb eilig damit, seine Hightechpflanzen gegen Pestizide anderer Hersteller zu immunisieren, um sie vor Überwucherung zu schützen. Für die Unterstützung der Konkurrenz musste er jedoch bezahlen. Der Bayer-Konzern, der noch reichlich konventionelle Labors betreibt, kommt in dieser Situation also gerade recht. So bleibt der Profit wenigstens in der Familie.

Warten auf die Erfüllung der Versprechen

Jedoch ist es auch aus anderen Gründen fraglich, ob die Hochpreisstrategie weiter funktioniert. Die Konjunktur in China läuft nicht mehr so rund wie vor ein paar Jahren. Auch Russland kauft weniger Getreide im Ausland. Die Bauern im Westen verdienen also weniger. Deshalb knapsen sie bei den Kosten. Um ihnen hohe Preise schmackhaft zu machen, müsste man ihnen schon mehr als Unkrautfreiheit bieten.

In Zeiten des Klimawandels wäre es gut, Pflanzen zu züchten, die mit weniger Wasser auskommen, oder sogar mit versalzenen Böden. Dann könnte man vielleicht auch neue Kunden in Asien und Afrika gewinnen. Das war es vermutlich, was Monsanto-Chef Hugh Grant meinte, als er bei der Verkündigung des Deals sagte: "Jetzt beginnt eine neue Zeit in der Landwirtschaft, eine Zeit, die nachhaltige Lösungen verlangt."

Dummerweise verspricht Hugh Grant das alles seit seinem Amtsantritt vor 13 Jahren. Auf die neuen Sorten wartete man vergeblich.